06.11.2007

foodwatch nützt Cumarin-Debatte erneut zur Profilierung

Das hat man erwarten können. Pünktlich zur Hochsaison der weihnachtlichen Gewürze hat die selbst ernannte Verbraucherschutzorganisation foodwatch (Motto: „die essensretter“) wieder 32 mit Zimt gewürzte Produkte untersuchen lassen und danach in den Medien wieder lauten Radau gemacht. Diesmal traf es zwei Produkte von Nestlè und Dr. Oetker, beidenen 15 bzw. 14 µg Cumarin pro kg festgestellt wurden.


Nestlé wies die Vorwürfe von foodwatch umgehend als „völlig unverständlich“ zurück. Bei den beanstandeten Frühstückscerealien finde die Aromenverordnung nach Auffassung des Unternehmens überhaupt keine Anwendung. „Es wird ausschließlich das natürliche Gewürz Zimt und keine Aromen verwendet“, erklärte ein Nestlé-Sprecher. Für so genannte Frühstückscerealien mit dem Gewürz Zimt habe die deutsche Lebensmittelüberwachung einen Orientierungswert von 20 µg pro kg festgelegt. Das Produkt unterschreitet den Wert also klar, „wie auch die jüngste Erhebung von foodwatch mit 14 µg pro kg bestätigt“, so der Nestle-Sprecher weiter. Zimt mit seinem natürlichen Bestandteil Cumarin sei „legal und für Verbraucher unbedenklich“. Eine Sprecherin von Dr. Oetker sagte, man werde die angegebenen Werte intern überprüfen und dann dazu Stellung nehmen. Das Unternehmen betonte, dass nur Ceylon-Zimt und nicht Cassia-Zimt verwendet werde.


Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als Zimtsterne und Lebkuchen völlig unberechtigt verunglimpft wurden, äußert sich diesmal das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin gegenüber den Medien zurückhaltender. Das BfR weist darauf hin, dass die Aussagekraft von Grenzwerten mit Vorsicht zu betrachten sei. „Cumarin ist ein natürlicher Inhaltsstoff, der in stark schwankenden Konzentrationen vorkommt. Zimtstangen können zwischen 94 µg bis 5.400 µg enthalten“, sagte ein Sprecher des BfR im Gespräch mit dem Internet-Portal onLeben. „Der Maßstab von 2 µg gilt stets für die Gruppe der empfindlichsten Personen.“ Bei dieser kleinen Gruppe besonders sensibler Personen könnten erhöhte Leberwerte im Blut auftreten, die allerdings abklingen, wenn kein Zimt mehr verzehrt werde.


Wann Zimt als Gewürz eingestuft wird und wann als Aroma, ist nach Auskunft des BfR rechtlich nicht abschließend geregelt. Nur wenn Cumarin – meist in isolierter Form – zur Aromatisierung eingesetzt wird, ist laut BfR der Gehalt an Cumarin in Deutschland nach der Aromenvorordnung auf 2 µg pro kg Lebensmittel begrenzt. Cumarin ist nach den Angaben des BfR ein natürlicher Aroma- und Duftstoff.


Dass die Gebäckhersteller in diesem Jahr nicht am Pranger stehen, haben sie einzig einer vorbeugenden Rezepturänderung bei Zimtsternen und Lebkuchen zu verdanken. Diese Strategie entlockte dem foodwatch-Chef Thilo Bode allerdings nur den Kommentar: „Die Lebensmittelindustrie kann die Vorschriften einhalten, wenn sie nur will.“ Die Organisation hat auch in diesem Jahr – wie 2006 – wieder Strafanzeige gegen Hersteller, Händler, BLL und das Bundesverbraucherministerium gestellt. Im September 2007 hat das BMEVL mit Zustimmung des Bundesrates die Aromenverordnung entschärft. Bei Verstoß gegen die Verordnung gibt es jetzt ein Bußgeld von maximal 20.000 Euro statt der möglichen Ahndung als Straftat mit bis zu drei Jahren Haft. Die Entscheidung, ob die Aromenverordnung überhaupt für das Gewürz Zimt zuständig ist, wurde noch nicht gefällt. Für die Hersteller ist dies ein völlig unhaltbarer Zustand.

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