03.03.2017 | Technology

Herausforderungen für die Rückverfolgbarkeit

Die Lebensmittelsicherheit und die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen, Primärverpackungen, aber auch von Transporthilfsmitteln sind eng miteinander verknüpfte Themen. So sind auch auf innerbetrieblicher Ebene praktikable Lösungen und Konzepte notwendig.

Von Dr. Jörg Häseler

 

Die Rückverfolgbarkeit ist vorrangig ein Sicherheitsinstrument, das die Forderung nach einer Ursachenverfolgung bei besonderen Vorkommnissen innerhalb komplexer globaler Güterströme erfüllen muss. Die rechtliche Verpflichtung dazu gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erstreckt sich auf alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen. Sie verfolgt das Ziel der Schadensbegrenzung und liefert somit gesicherte Informationen für Hersteller, Behörde, Handel und Verbraucher.
Umgesetzt wird sie anhand der individuellen Branchen- und Betriebsstrukturen sowie Produkte und Prozesse. Dabei werden Rohstoff- und Verpackungsanalysen, Eingangs- und In-Prozess-Kontrollen, Fertigwarenanalysen, Rückstellmuster von Fertigwaren und Rohstoffen/Verpackungen, Prüfmittelüberwachung sowie evtl. Kundenreklamationen mit einbezogen. Besonders beachtet werden sollte der Umgang mit Allergenen, GVOs, Pathogenen und bestimmten chemischen Spurenkontaminanten.
Zudem sind repräsentative Probenahme und Spurenanalyse erforderlich, z. B. automatische Proben-Nehmer für Milchpulver. Doch auch auf innerbetrieblicher Ebene heißt es, Lösungen zu finden, zumal auch Transport-Vehikel wie Fahrzeuge, Rohrleitungen, Pumpen oder Behälter die Kontamination übertragen können.

 

Massenfluss ist erklärtes Ziel

Schüttgüter wie Milchpulver, Weizenmehl, Kakaobohnen oder Zucker werden in Silos gelagert. Hierbei erweisen sich Entnahme-Konstruktionen als ideal, die eine Brücken- oder Schachtbildung sowie einen Kernfluss ausschließen. Erklärtes Ziel ist ein Massenfluss. Hier heißt es, das Know-how zu haben, um diese Entnahme entsprechend durchführen zu können.
Folgende Lösungsansätze sind weiterhin zielführend:

  1. ERP-gestützte Erfassung der Han­dling Units (HU) – Palettenetiketten mit Barcode
  2. Rückverfolgung aller betrieblicher Verarbeitungsstufen durch Erfassung jeder einzelnen Phase, einschließlich Nacharbeit
  3. Chargenreinheit: Produktion und Versand (Konflikt der Restmengen-Verwendung möglich)
  4. RFID
  5. Ausdehnung auf Herkunftsnachweis bei Integration internationaler Codierformate

Die Handlungsweise kann anhand von Beispielen verdeutlicht werden:

  • Das Personal scannt die Big-Bags mit Milchpulver vor der Einschütte einzeln: Die Palettenkarte des Big-Bags wird eingescannt und mittels Hebeeinrichtung nur dann hochgefahren, wenn der Code korrekt ist.
  • Vanillin wird in Kartons auf Paletten angeliefert. Die Palettenkarte wird von der Palette entfernt und solange in der dafür angebrachten Vorrichtung aufbewahrt, bis das Vanillin aufgebraucht und eine neue Palette angeliefert wird. Danach erfolgt zentrale Aufbewahrung.
  • Die Palettenkarten der Big-Bags mit den Rohhaselnüssen werden von den Big-Bags entfernt, auf die dafür bestimmte Fläche gehängt und eingescannt. Anschließend wird der Big-Bag mithilfe der Hebeeinrichtung zum Befüllen der Maschine hochgefahren. Voraussetzung hierfür ist, dass der gescannte Code korrekt ist. Die Nüsse werden erst danach geröstet und geschnitten. Anschließend werden dafür bestimmte Container mit dem Nussgranulat befüllt und verwogen. Sie erhalten eine neue Palettenkarte, die dann in der Ausformung vor dem Verwenden des Granulats eingescannt wird, wobei der Zusammenhang elektronisch hergestellt wird.

Im gesamten Herstellprozess können unterschiedliche Codierungen bei der Rückverfolgung helfen, wenn gemischte Paletten genutzt werden. Mithilfe dieser Codierung lassen sich auch Zutaten von Anbruch-Paletten und Restpaletten nutzen. Als Lösungs­ansätze kommen idealerweise folgende Handlungsweisen in Frage:

  1. Erfassung jeder HU/Palette durch Scannen, inklusive der Herstellerloskennzeichnung
  2. chargenreine Paletten
  3. keine Anbruchpaletten oder nur speziell gekennzeichnete Paletten

Unabhängig davon, welche Herangehensweise ein Unternehmen praktiziert – es bleibt weiterhin eine Herausforderung, die Rückverfolgbarkeit immerwährend und an jedem Ort des Prozesses zu gewährleisten.
(Dem Beitrag liegen die Ausführungen von Dr. Gerhard Neuberger, Leiter Qualitätssicherung Ferrero OHG mbH, vom 8. Food Safety Kongress 2016 in Berlin zugrunde.)