Runder Tisch Kakao
Dem Aroma verpflichtet
Hamburg war kürzlich das „Epizentrum“ der Kakaowirtschaft und -forschung. Rund 180 Teilnehmer kamen anlässlich der Konferenz „Runder Tisch Kakao“ zusammen, um sich über Anbau, Fermentation und Qualität auszutauschen. Die Vorträge und Poster standen unter dem Motto „Wohin führt der Weg? Perspektiven bis 2020“.
Von Dr. Jörg Häseler
Die Veranstalter, Prof. em. Reinhard Lieberei, Gründer des „Runden Tisch Kakao“, Prof. Sascha Rohn von der Universität Hamburg und Dr. Daniel Kadow (August Storck KG) hatten wieder ein informatives Programm rund um die Ressource Rohkakao zusammengestellt. Inhaltliche Schwerpunkte der Tagung, die durch die Stiftung der Deutschen Kakao- und Schokoladenwirtschaft gefördert wurde, waren Rohkakaoqualität, Kakaofermentation, Kontaminanten und Anbausysteme.
Den Auftakt bildete das Thema Kakaofermentation, wobei es um die Steuerung und Entwicklung spezifischer sensorischer Eigenschaften ging. So vermittelte Prof. Jörg Stender (Hochschule Ostwestfalen-Lippe) seine Erkenntnisse über die Untersuchungen zur Kakaofermentation im Labormaßstab. Im Rahmen einer praxisorientierten Forschungsreihe kam er zu dem Schluss, dass verschiedene Zellkulturen signifikante Einflüsse auf die sensorische Qualität der aus diesen Kakaobohnen hergestellten Schokoladen haben. Weiterhin postulierte er, dass durch den Zusatz einer definierten Mikroflora der Aromaausbildungsprozess mit großer Sicherheit gesteuert werden kann und damit gewünschte Aromenausbildungen erreicht werden können.
Der vergleichenden chemischen Analyse roher und fermentierter Kakaobohnen widmete sich Prof. Nikolai Kuhnert (Jacobs University Bremen). Die Ergebnisse dieser Analyse haben das Potenzial, auch im Rahmen des Themas Food Fraud genutzt zu werden. 12.000 Signale für Inhaltsstoffe ließen sich in fermentiertem Kakao detektieren, gar 35.000 in geröste-tem Kakao. Zu den Stoffen gehören bei den Fetten 50 Triacylglyceride. Darüber hinaus wurden 23 Kohlenhydrate, 100 Phenole sowie rund 400 Peptide nachgewiesen. Letztgenannte sind die Vorstufen für das charakteristische Kakaoaroma.
Auf die Reise von den chemosensorischen Codes zur umfassenden Flavor-Quantifizierung in Lebensmitteln machte sich Prof. Thomas Hofmann (TU München). Eindrucksvoll ist die Zahl der über 12.000 bekannten Aromastoffe. Doch letztendlich genügt ein Baukasten mit rund 230 flüchtigen Verbindungen, um unsere Lebensmittel im Labor zu kreieren. So ergeben 28 Schlüsselgeruchsstoffe Rotwein, und auch bei den übrigen Lebensmitteln reichen meist um die 30 aus.
Anbau und Nachhaltigkeit stehen im Blickpunkt
Eine Lösung für die Herausforderung der Differenzierung von Edel- von Konsumkakao war der geschulten Nase vorbehalten. Im Zuge der molekularsensorischen Charakterisierung des Aromas von Nacional-Kakao sowie CCN-51 fand Dr. Martin Steinhaus (Deutsche Forschungsanstalt für
Lebensmittelchemie) jedoch heraus, dass 2-Phenylethanol und Ethyl(phenylacetat) sowie (2-Phenylethyl)acetat, Phenylessigsäure und Phenylacetaldehyd zum charakteristischen blumigen Aroma von Nacional-Kakao beitragen. Die Quantifizierung von 2-Phenylethanol, Linalool sowie Phenylacetaldehyd nach Wasserbehandlung kann dazu beitragen, Nacional-Kakao von CCN-51 zu unterscheiden.
Die Kakaofrucht darf indes nicht allein auf die Lieferung der Bohnen reduziert werden. Zum Thema Nachhaltigkeit gab es daher verschiedene Ausführungen. So wurden Projekte vorgestellt, die die Pulpe als Basis schmackhafter Getränke und Konfitüren nutzen, die an Litschi erinnern. Ebenso lassen sich aus den Inhaltsstoffen der Kakaoschalen Materialien gewinnen, so dass es möglich sein könnte, dass alles von der Kakaofrucht stammt: Pralineninhalt, Schokoladenüberzug und Verpackung.
Die zentralen Kriterien für Pflanzsysteme der Zukunft präsentierte
Monika Schneider (Forschungsinstitut für biologischen Landbau – FiBL, Frick/Schweiz) in ihrem Vortrag „Agroforst versus Monokultur – Stärken und Schwächen der Anbausysteme“. Der konventionelle Anbau von Kakaobäumen in Monokultur führt zu erhöhtem Krankheits- und Schädlingsbefall. Zudem schwindet längerfristig die Bodenfruchtbarkeit, so dass die Kakaobauern nachfolgend mit sinkenden Erträgen kämpfen.
In Sara Ana/Bolivien vergleicht das FiBL die Ertragssicherheit und Wirtschaftlichkeit von Agroforstsystemen mit dem üblichen Monokulturanbau. Partner sind hierbei Ecotop, das Institut für Ökologie der Universität UMSA in La Paz sowie Piaf-El Ceibo.
Das Agroforst-System basiert auf der natürlichen Pflanzensukzession und umfasst einjährige Kulturen sowie verschiedene Frucht- und Forstbäume. Das System eignet sich besonders für kleinere Familienbetriebe, die die anfallenden Nebenprodukte wie etwa Bananen, Maniokwurzeln oder Feuerholz für die Selbstversorgung nutzen können, wobei vorab geklärt werden sollte, ob es eine Nachfrage für diese Nebenprodukte gibt.
Schimmelpilze verursachen muffiges Fehlaroma
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der Vortrag von Prof. Pathmanathan Umaharan (Cocoa Research Center Trinidad/Tobago), der sich intensiv mit der Verringerung der Bioakkumulation von Cadmium in der Kakaopflanze auseinandersetzte. Das Thema Cadmium bewegt die Branche derzeit sehr, da ab Anfang 2019 folgende Grenzwerte gelten: Milchschokolade mit weniger als 30 % Kakaoanteil darf maximal 0,1 mg Cadmium/kg enthalten. Für Schokolade mit 30 bis 50 % Kakao gelten 0,3 mg/kg und für Schokolade ab 50 % Kakaoanteil 0,8 mg/kg als Höchstwert. Für Kakaopulver soll der Grenzwert bei 0,6 mg/kg liegen.
Übergangsfristen sind vorgesehen und sollen den Herstellern die Zeit geben, die neuen Grenzwerte zu berücksichtigen – ein schwieriges Unterfangen für die Kakaobauern, deren Plantagen hohe Cadmiumwerte im Boden aufweisen. Ein probates Mittel scheint das Ausbringen von Kalk auf dem Boden der Plantagen zu sein, da dessen pH-Wert steigt und die Cadmium-Aufnahme stark reduziert wird.
Zu den Vermeidungsstrategien zur Reduktion des Cadmiumeintrags gehören die Kontrolle des Bodens, die Feststellung des Fixierungspotenzials des Bodens, die Sanierung durch andere biologische Systeme sowie die Blockierung der Transportersysteme im Boden. Hinzu kommt die Unterbindung der Absorption durch die Wurzel, die Trennung von Fruchtfleisch, Bohnen und Keimblättern sowie die Beachtung des Einflusses des Alters des Baumes beim Astschnitt. Zudem empfehlen sich nach der Ernte eine Modifizierung der Fermentation und/oder das Entfernen der Samenschale.
Immer wieder liest und hört man vom Geosmin als Verursacher eines Fehlaromas in Schokolade. Analytisch lässt sich dies durch eine bekannte Methode nachweisen und quantifizieren. Interessant wäre es aber, in Erfahrung zu bringen, wie es zu dieser Bildung kommt, zumal ein Posterbeitrag eine Lösung liefern könnte, denn die erdig-muffig riechende Substanz wird unter anderem von Schimmelpilzen gebildet.
Die 8. Auflage des „Runden Tisch Kakao“ findet im Juni 2019 statt. Bereits ein Jahr zuvor – vom 22. bis 25. April 2018 – trifft sich die internationale Schokowelt in Berlin zur 4th World Cocoa Conference. •