ZDS - Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft e. V.
Branchentreff mit Suchtpotenzial
Mehr als 350 Teilnehmer aus 20 Ländern, über 50 ausstellende Unternehmen und 33 namhafte Referenten – dies sind die Kenndaten des 21. Choco Tec-Kongresses in Köln. Die Besucher konnten sich während der ZDS-Veranstaltung einen Überblick über die jüngsten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik rund um Kakao und Schokolade verschaffen.
Von Dr. Bernhard Reichenbach
Mineralöle, Metallabrieb sowie Partikel aus Kunststoff, Glas und dergleichen sind die natürlichen Feinde des Schokoladenherstellers; denn in seinen Produkten darf nichts davon zu finden sein. Der Schutz des Verbrauchers steht stets an erster Stelle. Doch um seine Feinde bekämpfen zu können, muss man sie erst einmal kennen. Dieses „Kennenlernen” ermöglichte der Choco Tec-Kongress der ZDS, der im Dezember 2016 mit über 350 internationalen Teilnehmern in Köln stattfand.
Der Komplex „Lebensmittelsicherheit und Qualitätssicherung” war nur einer aus der breiten Themenpalette der Vortragsveranstaltung, die ein Treffpunkt für die Kakao und Schokolade verarbeitende Industrie sowie die korrespondierende Wissenschaft und Forschung ist. Zu den weiteren Themenfeldern, die in 34 Vorträgen namhafter internationaler Wissenschaftler und Unternehmenspraktiker behandelt wurden, gehörten Märkte und Trends, Verfahrens- und Prozesstechnik, Analytik sowie Nachhaltigkeit und Gesundheitsaspekte.
Einleitend warb Richard Scobey, der Präsident der World Cocoa Foundation, für die „Cocoa Action Strategy” und das damit verbundene weltweite Engagement der Industrie für Nachhaltigkeit auf dem Kakaosektor. So sollen etwa durch Bildungs- und Fördermaßnahmen einschließlich der Verbesserung von Böden und Pflanzen sowie der Pflanz- und Erntetechniken folgende drängende Probleme bekämpft werden: sinkende Erträge, die Verarmung der Kakaobauern sowie Kinderarbeit, Pflanzenkrankheiten und -schädlinge, die fortschreitende Entwaldung infolge der Agrarproduktion sowie der Klimawandel, aufgrund dessen viele Flächen nicht mehr für den Kakaoanbau nutzbar sind.
Devashish Tikekar vom Kakao- und Schokoladenkonzern Barry Callebaut informierte über die Anforderungen des asiatischen Schokoladenmarkts, eines Markts, der „explodieren könnte“. Denn während auf Europa derzeit 42 % des weltweiten Umsatzvolumens entfallen, sind es bei Asien mit seiner weitaus größeren Bevölkerung nur4 %. Dazu müssten jedoch in diesem „schwierigen“ Markt politische, wirtschaftliche, soziale und rechtliche Probleme gemeistert werden. „So müsste etwa Schokolade, die in Asien vergleichsweise teuer ist – eine Tafel kostet in Indien umgerechnet 5 Euro – durch eine effiziente Produktion vor Ort erschwinglicher gemacht werden“, betonte Tikekar.
Dem eingangs angesprochenen Problem widmete sich Dr. Gertrud Bauermeister von Netzsch Feinmahltechnik am Beispiel des Eintrags von Eisen, Wolfram und Kobalt bei Kakao-Vermahlungsprozessen. Sie zeigte auf, dass bei Schlagmesser- und Kugelmühlen durch den Einsatz von Mahlwerkzeugen aus verschleißfesterem Hartmetall anstelle von Werkzeugen aus gehärtetem Stahl zwar die Standzeiten deutlich steigen, dass nun aber beim Mahlprozess statt Eisen die Hartmetall-Bestandteile Wolfram und Kobalt in (zu) hohen Mengen in das Mahlgut – und letztlich in die Schokolade – eingebracht werden. Das Problem sollen optimierte Mühlen-Konstruktionen (etwa mit horizontalem statt vertikalem Mahlbehälter) lösen, die ganz ohne Hartmetall-Werkzeuge auskommen.
Haupteintrag von MOSH nicht durch Lebensmittelindustrie
Ein weiteres Problem benannte Prof. Reinhard Matissek, Direktor des LCI – Lebensmittelchemischen Instituts, in seinem Vortrag „MOSH/MOAH-Minimierung in Lebensmitteln“. Er verwies darauf, dass Mineralöl-Bestandteile, die krebserregend und erbgutverändernd sein können, auf unterschiedlichen Wegen in Lebensmittel gelangen und sich nach dem Verzehr im Körper anreichern. Es handelt sich dabei meist um gesättigte Kohlenwasserstoffe (MOSH) sowie um aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH). Laut Prof. Matissek wird der Haupteintrag nicht durch die Lebensmittelwirtschaft verursacht, sondern erfolgt aus Recycling-Kartons, -Papier und -Wellpappen sowie bedruckten Jutesäcken sowohl in Rohstoffe als auch in die Lebensmittel selbst. „Die Hersteller haben zwar bereits viele Lebensmittel-Endverpackungen optimiert und so die Migration von Mineralöl-Bestandteilen reduziert. Es wäre aber effektiver, wenn etwa Zeitungsverlage mineralölfreie Druckfarben verwendeten, um den Eintrag der Bestandteile in den Papier-Recycling-Kreislauf zu unterbinden“, so Prof. Matissek.
Fremdkörper aufspüren mittels Ultraschall
Einen neuen Lösungsansatz bezüglich unerwünschter Partikel präsentierte Prof. Malcolm Povey von der University of Leeds in seinem Vortrag „Ultraschallspektroskopie zur Fremdkörpererkennung in Schokoladenprodukten“. Er zeigte auf, dass sich mithilfe eines kostengünstigen, kontaktlos arbeitenden Ultraschallsystems Fremdkörper wie Kunststoffteile oder Splitter von Nussschalen oder Knochen, die anderen Detektionssystemen Probleme bereiten, zerstörungsfrei und inline in verpackten Produkten wie Schokoladenriegeln erkennen lassen. „Unsere Lösung stellt eine gute Ergänzung zu bestehenden Systemen dar”, merkte Prof. Povey an.
Ein innovatives, zukunftsträchtiges Geschäftsfeld identifizierte Tobias Franke von der Hochschule Neubrandenburg in seinem Vortrag „Anwendung und Potenzial des 3D-Drucks in der Schokoladen- und Süßwarenindustrie“. Er machte deutlich, dass sich ein Standard-FLM-3D-Drucker (FLM – Fused Layer Modelling), der für weniger als 3.000 Euro erhältlich ist, für den Lebensmittelbereich umbauen und einsetzen lässt. „Damit können individuelle Schokoladenprodukte mit Wanddicken von unter 1 mm nach CAD-Formen oder 3D-Scans einzeln und in kleinen Serien generiert werden“, erklärte der 3D-Druck-Experte. „So können Schokoladenhersteller ihre Produktpalette und ihr Angebot an Halbfertigwaren erweitern, und der Kunde kann mitbestimmen.”
In der traditionellen Foyer-Ausstellung präsentierten sich mehr als 40 Unternehmen mit Info-Ständen dem Publikum. Viele Kongressteilnehmer nutzten diese Möglichkeit zur Information sowie zur Kontaktaufnahme und -pflege. Im Rahmen des Kongresses informierten Vertreter von zwölf der ausstellenden Unternehmen in einem gesonderten Versammlungsbereich in kurzen Präsentationen über unterschiedliche Aspekte der Schokoladenherstellung. Das Themenspektrum der „Industrie-Plattform” reichte von Karamell-Trends bei Schokolade über die Reinigung von Schokoladenformen bis zur Qualitätskontrolle in der Produktion.
Besonderes Interesse fand auch die für die Choco Tec bislang umfangreichste Ausstellung an Info-Postern zu wissenschaftlichen Themen rund um Schokolade und deren Zutaten. In einem „Poster Slam“ konnten die „Presenter“ dem Publikum in einem einminütigen Abriss die wichtigsten Inhalte ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen nahebringen und zum Diskurs über die Ergebnisse einladen. Die Ausstellung mit 32 Postern war sehr gut besucht und fand bei den Teilnehmern positive Resonanz.
Kaltstempelmaschine von Aasted an ZDS übergeben
Zum 100-jährigen Bestehen des 1917 im dänischen Farum gegründeten Maschinenbauunternehmens Aasted übergaben der Vorstandsvorsitzende Allan Aasted und Peter Meyer, Leiter der Aasted Germany GmbH, eine Kaltstempelmaschine des Typs Frozen Cone an Andreas Bertram, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der ZDS. Die Maschine zur Herstellung von Präzisionsartikeln wie Schokoladenhülsen und -hohlkörper soll an der ZDS zu Ausbildungs- und Vorführzwecken eingesetzt werden. „Sie bietet dem Anwender unbegrenzte Freiheit, um die Formen exakt zu gestalten und die Hülsendicke genau zu bestimmen – und dies unabhängig von der Viskosität der Masse“, erklärte Meyer.
Anwesend bei der Übergabezeremonie war auch Marco Tibolla, der Betriebsleiter am Standort Dillenburg des Schweizer Chocolatiers Läderach. Das Unternehmen hat in Dillenburg seit mehreren Monaten eine Frozen-Cone-Linie im Einsatz, die eine ältere Anlage ersetzt. „Wir sind mit unserer neuen Lösung sehr zufrieden, weil wir damit jetzt eine wesentlich bessere Qualität erzielen können“, erklärte der Produktionsexperte.
Dass der Netzwerkcharakter der Choco Tec nicht zu kurz kam, zeigte das festliche Abendessen im weltberühmten Schokoladenmuseum am Kölner Rheinufer. Dessen Highlight war ein künstlerisch gestaltetes Schokoladenbuffet.