03.01.2018 | ZDS
ZDS - Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft e. V.

Zwei Kongresse mit reichlich Know-how-Transfer

 

Interessante Informationen boten die beiden Kongresse SweetTec 2017 und Inter-Praline 2017 an der ZDS – Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft in Solingen. Im Foyer der Fachschule präsentierten zahlreiche Unternehmen aus den Bereichen Rohstoff, Komponenten und Maschinen sowie wissenschaftliche Institute ihre neuen Konzepte.

Von Dr. Bernhard Reichenbach

Der internationale Zuckerwaren-Kongress SweetTec der ZDS griff diesmal schwerpunkt­mäßig das aktuelle Thema Zuckerreduktion und neue Süßungstrends bei Süßwaren auf. Die Thematik hat durch die Debatte um die Zuckersteuer in einigen Ländern Europas an Brisanz gewonnen.
In ihrem gemeinsamen Vortrag informierten Rainer Engler von ADM Wild Europe und Bart ­Corte­beeck von Cargill über Trends bei zuckerre­duzierten Produkten und natürlichen Süßungsmitteln. Sie zeigten auf, dass Produzenten auf den Druck durch Regierungen und Verbraucher zur Bereitstellung gesünderer Nahrungsmittel reagieren. Die Zunahme von Krankheiten wie Diabetes zwinge zum Handeln. Allerdings sei es nicht einfach, den Zucker – und damit den Kaloriengehalt – bei Süßwaren zu reduzieren, ohne dadurch deren Eigenschaften wie Süße, Struktur oder Mundgefühl zu beeinflussen. „Zudem können technische Probleme bei der Produktion, etwa beim Dragieren oder Polieren, auftreten“, sagte Engler. „Auch die Haltbarkeit der Produkte kann sinken.“ Als natürliche, nachhaltige Alternativen mit posi­tivem Image stünden etwa Honig, Fruchtsaftkonzentrate oder Ahorn-Sirup zur Verfügung, doch böten diese keine Vorteile bezüglich des Kaloriengehalts.
Die Ernährungsberaterin Dr. Sabine Poschwatta-Rupp beschäftigte sich mit Neuerungen bei Süßungsmitteln, die sich in Süßstoffe (z. B. Saccharin, Aspartam) und Zuckeraustauschstoffe (z. B. Sorbit, Maltit) untergliedern. Sie stellte zunächst verschiedene Zucker­arten wie Glucose und Fructose sowie deren natürliche Quellen vor und ging auf deren negative wie positive Auswirkungen auf den menschlichen Kör­per ein. So steigere beispielsweise Fructose den Appetit und behindere den Fettabbau, während etwa die mit der Fructose verwandte Tagatose auch für Diabetiker geeignet sei, da die Zuckerwirkung verlangsamt einsetzt. Tagatose und einige andere Zucker sowie bestimmte Süßungsmittel (etwa Maltitol) haben einen positiven Einfluss auf die Darmflora und damit auf die Immunabwehr und Stoffwech­sel­regulation. Kalorienfreie Süßstoffe scheinen keine oder eine eher ungünstige Wirkung auszuüben.

 

Der Kakao-Farmer spielt eine besondere Rolle

Wenige Wochen später lud die ZDS zur Inter-Praline nach Solingen. Die Veranstaltung, die im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindet, ist seit langem als hochkarätiger Kongress rund um die Themen Pralinen und Schoko­lade bekannt. Es wurde ein breites Programm geboten, bei dem Experten Einblicke in die jüngsten Trends in den Bereichen Rohstoffe, Märkte, Technologie, Prozesse und Verpackung gaben. Zu den Experten zählt auch Oliver Coppeneur, Geschäftsführer der Confiserie Coppeneur et Compagnon in Bad Honnef. Der Chocolatier widmete sich in seinem schwungvollen Vortrag „Farm to bar“ dem weiten Feld der authentischen Ursprungs-Schokoladen.
Er betonte, dass es bei der Herstellung von Schokoladen zunächst vor allem darauf ankomme, „exzellenten Kakao” zu finden. Dabei sei neben Faktoren wie Gattung und Herkunft insbesondere die Rolle des Farmers und dessen Produktionsweise wichtig. Wie beim Wein sei zunächst das „Terroir“, also die Standortfaktoren, zu beachten: „Kakao bevorzugt ei­nen tiefgründigen, nährstoffreichen Boden“, weiß Coppeneur. „Zudem muss der Farmer dafür sorgen, dass die Kakaopflanzen genügend Schatten erhalten.“ Dies geschieht durch die Anpflanzung großblättriger Bananenstauden. Uner­lässlich seien eine stetige Pflege der Kakaobäume und das kontinuierliche Auslesen mangelhafter Früchte. Weitere wichtige Faktoren sind die Ernte – dabei ist das kurze Erntezeitfenster von nur zehn Tagen zu beachten – sowie eine optimierte Fermentation, Trocknung und Röstung. Nur wenn alle Anforderungen erfüllt seien, ergebe sich ein herausragendes Rohprodukt.
Zum stets aktuellen Thema Palmöl äußerte sich die Lebensmitteltechnologin Melanie Klasen, die bei dem Öl- und Fettspezialisten Walter Rau tätig ist. Nicht ohne Grund habe Palmöl – eigentlich Palmfett – mit 40 % den größten Anteil am Ölmarkt: „Es liefert einen vergleichsweise hohen Ertrag, ist preisgünstig und für viele Einsatzzwecke geeignet.“ Allerdings sei es vergleichsweise stark mit negativen Kontaminanten wie etwa 3-MCPD-­Estern (nierenschädigend) und GE (genverändernd und krebserregend) belastet.
Diese entstehen beim unerlässlichen Raffinierungsprozess aus Vorläufer-Stoffen, die im Palmöl enthalten sind, wie Chlor und Diglyceride. Diese gelangen etwa über Pflanzenschutzmittel in das Palmöl. Es gebe drei Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren. Dies wären die Erzeugung von rohem Öl mit weniger schädlichen Einträgen, veränderte Raffinierungsschritte oder die Nachbehandlung nach der Raffinierung – sie sind allesamt allerdings mehr oder weniger konstenintensiv.
Der Frage, ob E-Commerce für den Pralinenmarkt lediglich ein Hype oder ein wirklicher Zukunfts­trend ist, widmete sich Susan Weißflog, Produktentwicklerin bei der Berliner Schokoladenfirma Chocri, die eine Manufaktur und einen Online-Shop betreibt. In ihrem kurzweiligen Vortrag zeigte sie auf, dass sich im Zeitalter allumfassender Vernetzung durch den Einsatz einer guten digi­talen Strategie durchaus Konsumenten gewinnen lassen. Es bedarf dabei eines Online-Angebots, das allzeit verfügbar ist und zudem Emotionen wecken könne.

 

E-Commerce ist ein echter Zukunftstrend

Der Einsatz eines modularen Produkt-Konfigurators zur individualisierten Massenproduktion von Schokoladenprodukten eröffne viele Möglichkeiten. So könne etwa zu einem selbst kreierten „schokoladigen“ Packungsinhalt auch eine persönlich gestaltete (Geschenk-)Verpackung kommen. Für den Anbieter ergibt sich der Vorteil, dass er die Kundendaten, die er durch Produkttests oder Umfragen erhoben werden, nutzen kann, beispielsweise für Neuentwicklungen. Durch den Einsatz von Social Media, etwa durch „Empfehlungen” von „Influencern” wie den Bloggern, könne er die Reichweite der Produkte wesentlich steigern und auch Neukunden gewinnen, so Weißflog. Dass sich „Likes“ in „Buys“ verwandeln lassen, trage dazu bei, dass ­E-Commerce ein echter Trend sei.
Im Rahmen der Inter-Praline fand auch eine Maschinenübergabe statt: Wolfgang Pförsich, Geschäftsführer der Hamburg Dresdner Maschinen­fabriken (HDM), übergab eine Labor-Refiner-Conche des Typs Mac­Intyre 20 mit einem Volumen von 20 kg an Andreas Bertram, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der ZDS. Das universelle System dient zur Herstellung hochwertiger Schokoladen und fetthaltiger Massen. Es mischt das Produkt, und die rotierende Mahleinheit verfeinert es zwischen den Ober­flächen der rotierenden Stäbe sowie
der Stäbe im ausgekleideten Zylinder. Erreichbar sind Partikelgrößen von 15 bis 18 µm bei optimierter Geschmacksentwicklung.
Nähere Informationen zu den Systemen von HDM und MacIntyre erhalten Interessenten im Rahmen der ProSweets Cologne (Halle 10.1, Stand D 81). Weitere Maschinen übergaben die Firmen Aasted (Gießmaschine Nilshot), Tecno 3 (Mini-Linie Multiprocess C zur Herstellung kleiner Schoko­ladenmengen) sowie d3 technology (3D-Drucker für Formen für Kleinserien von Schoko­ladenprodukten).    •
 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 
 

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